Vielleicht kennst du das: Du spürst, wenn etwas in der Luft liegt – auch wenn es niemand ausspricht.
Du merkst die Spannungen zwischen Menschen, noch bevor ein Wort gefallen ist.
Und du beginnst, dich darum zu kümmern.
Du besänftigst, lenkst ab, bringst Ruhe hinein – so wie du es immer schon getan hast. Ohne dass es dir bewusst war.
Dieses Verhalten ist oft nicht anerzogen, sondern verinnerlicht – tief, leise, früh.
Ein unsichtbarer Auftrag, den viele Frauen schon als Mädchen übernommen haben: „Ich halte alles zusammen.“
Woher dieses Muster kommen kann
Dieses Muster entsteht oft in Familien, in denen es emotional instabil oder unausgeglichen war.
Vielleicht haben deine Eltern gestritten, sich zurückgezogen oder waren überfordert.
Vielleicht waren sie körperlich anwesend, aber innerlich mit ganz anderen Dingen beschäftigt.
Und du – als sensibles, feinfühliges Kind – hast begonnen, emotional mitzutragen.
Du hast gespürt, wenn Mama traurig war, wenn Papa wütend war, wenn in der Luft etwas schwankte.
Und du wolltest, dass es ruhig wird. Dass es allen gut geht.
Weil dein System gelernt hat:
„Wenn es im Außen harmonisch ist, bin ich sicher.“
So entwickelt sich ein inneres Programm, das bis heute wirksam ist:
Ich sorge für andere – dann bleibt alles stabil.
Ich passe mich an – dann gibt es keinen Streit.
Ich erkenne früh, was fehlt – dann kann ich es ausgleichen.
Und während du dich kümmerst, geht der Kontakt zu dir selbst oft verloren.
Wie sich das heute zeigt
Vielleicht erkennst du dich in diesen Mustern wieder:
Du spürst, wenn in Gruppen Spannung herrscht – und beginnst zu vermitteln
Du übernimmst Aufgaben, ohne zu prüfen, ob du sie wirklich tragen willst
Du achtest auf das Wohlbefinden anderer, noch bevor du an dich denkst
Du fühlst dich für die Harmonie im Team, in der Familie, im Freundeskreis verantwortlich
Du vermeidest es, andere zu belasten – auch wenn du selbst am Limit bist
Diese Verhaltensweisen wirken oft „stark“ oder „fürsorglich“.
Aber tief innen liegt oft eine große Anstrengung, ein ständiges Mitdenken und Mitempfinden, das dich erschöpfen kann – emotional wie körperlich.
Und vielleicht kennst du auch diesen leisen inneren Satz:
„Wenn ich es nicht mache, läuft es aus dem Ruder.“
Was das mit dem inneren Kind zu tun hat
In der Arbeit mit dem inneren Kind schauen wir nicht darauf, was falsch lief, sondern darauf, was geprägt wurde.
Denn das, was du heute tust, ist die Fortsetzung einer kindlichen Lösung.
Vielleicht warst du sechs, sieben oder acht Jahre alt, als du Verantwortung übernommen hast.
Für deine Eltern. Für ein Geschwisterkind. Für das Gleichgewicht in deinem Zuhause.
Und damals war das wichtig – für dich, um dich sicher zu fühlen. Um verbunden zu bleiben. Um Orientierung zu haben.
Das Problem ist nur:
Dein System kennt heute oft keine andere Strategie, um dich sicher zu fühlen – als das Kümmern.
Was dir helfen kann
Der Weg heraus beginnt nicht damit, sofort aufzuhören, für andere da zu sein.
Sondern damit, dich auch selbst wieder zu bemerken.
Dich innerlich zu fragen:
Will ich das gerade wirklich?
Ist das meine Aufgabe – oder habe ich sie übernommen?
Was brauche ich – nicht nur die anderen?
In meiner Begleitung arbeite ich mit Frauen oft genau an diesem Punkt:
Das innere Kind, das damals emotional zu viel getragen hat, darf heute spüren:
„Du musst es nicht mehr halten.“
„Du darfst loslassen.“
„Du bist nicht verantwortlich für das Gleichgewicht der Welt.“
Auch einfache körperliche Anker können helfen:
Bewusste Atemzüge.
Sich bei sich selbst melden.
Spüren, wie es dir jetzt gerade in dir vorgeht – ohne dich sofort wieder auf andere auszurichten.
Impulse zur Selbstreflexion
In welchen Situationen übernehme ich Verantwortung, ohne dass sie bei mir liegt?
Wo versuche ich, Harmonie zu schaffen – und übergehe dabei meine Grenzen?
Wie fühlt es sich in meinem Körper an, wenn ich „mittrage“?
Wer war früher für mich da – oder wer nicht?
Was hätte mein jüngeres Ich gebraucht, um sich sicher zu fühlen?
Wenn du dich beim Lesen an deine eigene Geschichte erinnert fühlst – an das viele Spüren, das Ausgleichen, das Halten – dann weißt du jetzt vielleicht:
Du musst es heute nicht mehr alleine tragen.
Du darfst dich heute selbst wieder in den Blick nehmen.
Und du darfst dich entlasten.
Wenn du mehr über meine Arbeit erfahren möchtest und wissen willst, wie ich Frauen auf diesem Weg begleite, findest du hier mehr über mich und meine Arbeit.
Wenn du neu hier bist, lies auch gern den ersten Teil dieser Reihe:
Die Funktionierende – Wenn du alles im Griff hast, aber innerlich nie zur Ruhe kommst.
Dort erfährst du, wie dein inneres Kind heute noch dein Nervensystem beeinflusst – und was Heilung möglich macht.
Ich freue mich, dass du hier bist.
Ich freue mich, dass du mitliest.
Und vielleicht darf genau jetzt ein Stück Last von deinen Schultern weichen.
Herzlichst,
Deine Stefanie Trilling
Praxis für ganzheitliche Psychotherapie – Düsseldorf