Selbstliebe ohne Druck – warum Sie sich nicht erst lieben müssen, um gut mit sich umzugehen
In den letzten Jahren ist ein Begriff immer lauter geworden: Selbstliebe.
„Du musst dich erst selbst lieben, bevor du andere lieben kannst.“
„Wenn du dich selbst liebst, ziehst du das Gute in dein Leben.“
„Selbstliebe ist der Schlüssel zu allem.“
Das klingt schön – fast magisch. Und gleichzeitig berichten viele Menschen, dass sie sich durch diese Aussagen unter Druck gesetzt, verunsichert oder sogar abgewertet fühlen.
Denn was, wenn Sie sich sich gerade nicht lieben?
Wenn Sie sich selbst oft kritisch sehen, vergleichen, zweifeln?
Sind Sie dann nicht „weit genug“? Noch nicht „richtig“?
Wenn Selbstliebe zum Ideal wird – statt zur Erleichterung
In Gesprächen, Therapien oder Workshops begegnet mir dieser Satz immer wieder:
„Ich weiß, ich sollte mich mehr selbst lieben… aber irgendwie klappt das einfach nicht.“
Was dann oft folgt, ist ein innerer Kreislauf aus:
Schuldgefühlen („Ich müsste das doch können“)
Vergleich („Andere schaffen das doch auch“)
Verzweiflung („Vielleicht stimmt etwas nicht mit mir…“)
Das große Thema Selbstliebe wird damit nicht zur Ressource – sondern zu einem weiteren Maßstab, an dem man scheitern kann.
Was wir wirklich brauchen: Selbstmitgefühl
Die gute Nachricht:
Sie müssen sich nicht gleich lieben. Aber Sie dürfen anfangen, anders mit sich umzugehen.
Denn vor der Selbstliebe kommt oft ein leiser, viel einfacher Schritt:
Selbstmitgefühl.
Das bedeutet:
Sich selbst zu behandeln wie eine gute Freundin oder ein guter Freund.
Nicht alles sofort toll zu finden – aber nicht härter mit sich zu sein als nötig.
Gefühle zuzulassen, ohne sich dafür zu verurteilen.
Fehler nicht zu feiern, sich aber auch nicht dafür innerlich auszupeitschen.
Vom Gefühl zur Handlung – oder von der Handlung zum Gefühl?
Viele Menschen warten darauf, dass irgendwann ein Gefühl der Selbstliebe in ihnen auftaucht.
Doch im Grunde ist es der umgekehrte Weg, der funktioniert:
Nicht: „Ich liebe mich, deshalb sorge ich gut für mich.“
Sondern:
„Ich sorge gut für mich – und daraus kann immer mehr Zuwendung für mich selbst entstehen.“
Sie müssen sich nicht bedingungslos lieben, um sich ein gesundes Frühstück zu machen.
Sie müssen sich nicht toll finden, um eine Pause einzulegen.
Sie dürfen sich einfach gut behandeln, weil Sie ein Mensch sind.
Kleine Handlungen – große Wirkung
Der Weg in einen wertschätzenden Umgang mit sich selbst besteht oft aus kleinen, wiederkehrenden Entscheidungen:
Ich sage „Nein“, wenn mein Körper müde ist.
Ich atme tief durch, bevor ich reagiere.
Ich sage innerlich: „Das war schwer – aber ich bin trotzdem hier.“
Ich mache mir Tee, statt mich weiter zu verurteilen.
Diese scheinbar kleinen Gesten sind wie freundliche Berührungen im Inneren.
Und manchmal ist genau das der Anfang von etwas Größerem.
Selbstliebe ist kein Ziel – sondern ein wachsender Raum
Vielleicht ist Selbstliebe gar kein Zustand, den man „erreicht“.
Vielleicht ist sie ein Raum, den man öffnet –
durch Achtung, durch Geduld, durch liebevolle Handlung.
Wenn Sie heute noch nicht sagen können „Ich liebe mich“ – ist das vollkommen in Ordnung.
Sie dürfen trotzdem freundlich mit sich sprechen.
Sie dürfen sich trotzdem Gutes tun.
Sie dürfen trotzdem dazugehören – zu sich selbst.
„Sie müssen sich nicht gleich lieben – aber Sie dürfen aufhören, sich schlechter zu behandeln als Ihre Mitmenschen.“
Schön, dass Sie hier sind.
Herzlichst,
Ihre Stefanie Trilling
Praxis für ganzheitliche Psychotherapie – Düsseldorf